Fürst Raziel von Vandrien


Der Wind fuhr seicht ueber die Felder des kleinen Fürstentums Vandrien. Die Reiterschaft des Fürsten ritt im schnellen Galopp über die mit Korn besähte Hügellandschaft. Der Fürst selbst ritt voran an der Spitze, sein prunkvolles Schwerte am Sattelgurte, die Späher warteten bereits in der Ferne auf die Reiterschaar. Sie hatten den verdächtigen Kult der blasphemischen Anhänger Angamons aufgespührt. Als man sich traf, bereitete sich alles auf ein blutiges Gemetzel vor. „Zum Angriff ihr Recken!“, sprach der Fürst mit tiefer Stimme, „Lasst keinen entkommen!“, fuhrt er fort und zog sein Schwert aus der glänzenden Schwertscheide. Gemeinsam ritt die hundertschaft los, die Schwerter erhoben und die Lanzen nach vorn gerichtet. Nachdem der Hügel erklommen, ritten sie den steilen Hang in das Lager des Kultes hinab. Die Anhänger, voller Panik ob des Überraschenden Angriffes, waren binnen kürzester Zeit niedergemacht. Keiner entkam, keiner überlebte. Fürst Raziel aber, der wie er glaubte, von Bellum gesandt rief nur:“Verbrennt Ihre Körper, auf dass dies verfluchte Fleisch kein Leid mehr zufügen möge, dem Fürstentum Vandrien!“ … Wie war es hierzu nur gekommen …

Ruhig war die Nacht, als sich der Fürst zu seiner Gattin Leonie gesellte. Die drei Kinder schliefen bereits tief und fest. Auch der Fürst war müde, sein Tag war anstrengend gewesen. Die kühle, vom Lichte des Sternenhimmels erhellte Nacht, war angenehm und der Fürst stand auf den Zinnen seiner Burg, Leonie neben ihm. „Ich fühle tiefes Bedrücken in dir mein Gemahl“, sprach Leonie zu Raziel. Er erwiederte nichts. Es war Zeit, sich zur Ruhe zu begeben, doch in dieser Nacht, ward Raziel nicht mit Ruhe gesegnet. In einer Vision die er zu haben schien, befahl im sein Herr und Gott Bellum selbst, Vandrien von den Anhängern des Einen zu säubern. Und Raziel nahm dankend an. Noch in der selben Nacht, lies er die Tapfersten und die Besten seiner Mannen aufsatteln und noch in der selben Nacht, verliess er das Schloss mit jenen seinem Gefolge. Raziel hinterliess eine Spur des Todes in Vandrien und jeder der auch nur in Verdacht stand, ein Sympatisant des Einen zu sein, wurde blutig zur Strecke gebracht.

Doch während Raziel im Namen der Vier für das Gute focht, drangen dunkle Schergen ein in sein Schloss, mit dem Ziel seiner geliebten Familie das Leben zu rauben. Und als Raziel wieder nach hause kam, bot sich ihm ein grausames Bild dar. Seiner Gattin Leonie, hatte man das Herz aus der Brust herausgerissen und auch seine drei Söhne wurden erschlagen. Rasend vor Wut, in tiefer Trauer ob des Verlustes seiner Familie, rief Raziel zu den Göttern, sie sollen ihm seine Familie wiedergeben. Doch es geschah nichts. Mit rasendem Hass im Herzen nahm der Fürst eine Handvoll Getreuer mit sich,
allen voran seine Schwägerin Anara, die Schwester seiner Frau, und verschwand für vier Tage. Man sagt, er habe an jedem der vier Tage je einen der Götter angerufen und sie angefleht ihm seine Familie zurückzugeben. Man möge dies glauben, oder auch nicht, jedoch als der Fürst wieder kehrte, ward er nicht mehr der Mann von einst. Bösartig und Grausam ward er geworden, voller Wut und Zorn und so regierte er auch. Erbarmungslos richtete er über jeden einzelnen und schliesslich gab er den Befehl, alle Kirchen und Einrichtungen der Viere niederzureissen und abzubrennen. Da wurde König Hilgorad auf den Fürsten aufmerksam und er sandte Untersuchungsbeamte und kirchliche Inquisitoren aus, die Lage zu prüfen. Doch der Fürst, in all seiner Verzweiflung, sammelte die Treuesten der Treuen unter seinen Mannen zusammen und im Jahre 12 nach Hilgorad, erreichte ein Schiff mit ihm und jenen Getreuen die Insel Siebenwind.

Man behauptet, jene Getreuen leisteten den alten Schwur Vandriens auf den Fürsten: „Mena rech ekh Bennain – tora dolmon ekh got deskos Tardukai!“

Und man behauptet auch, der Fürst stünde mit dem Einen im Bunde. Doch dies mag stimmen, oder nicht – der Krieg der von Vandrien zu späterer Zeit gegen die Baronie Gerdenwald geführt wurde, ging vom Fürsten Raziel aus.