Reisebericht des Ohrja Tradewulf


Auszug aus „Reisen durch das Norland und das nördliche Galadon“ von Ohrja Tradewulf

In den Steppen im weiten Norden Vandriens an der Grenze zu Khalandra und Ersont waren einst Felder anzufinden, welche mühsam von den Händen vandrischer Bauern und nur wenigen Pflügen samt Zugpferde angelegt wurden. Die Arbeit der hier lebenden Bauern war beschwerlich und betrachtet aus fremdvölkischen Augen glich sie allem entsetzlichen, nur nicht einem Leben. Dort wo der vandrische Boden ungepflügt blieb, war er fest wie Gestein. Dort wo dieser Boden ungewässert blieb, war er trocken und dort wo vandrischer Boden von der Saat aus dem „hor“ unberührt blieb, so verblieb er auch karg… wie alles hier rings um dem Menschen herum.

Doch Länder ändern sich wie der Boden unter den arbeitsamen Händen und Gestein unter dem ewigen Einfluss der Elemente. Diese Geschichte ist nur eine von vielen und keinesfalls bedeutend, doch bleiben die niedergeschriebenen Worte die Worte eines Zeugen einer sich traurig verdunkelnden Zeit, in welcher Felder verdorrten, die Schatten des „Tek“ erstarkten als seien sie die Nacht selbst und Menschen versuchten ihrem Schicksal zu trotzen, indem sie es der Finsternis anvertrauten… Dies ist die Geschichte des vandrischen Kriegers und dem, welcher sie zu denen machte was sie sind und auf ewig sein werden.

Tardukai

In der Zeit als Angamon sein Augenmerk bereits nach Vandrien gerichtet hatte, um es die Wahrheit erfahren zu lassen und denen zu zeigen, welch „turkanar“ von den Vieren ausging, kam ein Donner über die Steppen Vandriens, weil der Fürst in unendlicher Trauer um seine Liebsten sich von den Vieren abwand. Nie war ihm eine Hürde zu groß, eine Prüfung zu gefährlich oder ein Krieg gegen die Feinde des Königreiches und der Viere zu kostspielig. Aber wo waren sie in Raziels dunkelster Stunde als er vor seiner in Blut liegenden Leonie niederkniete, um sie und ihre Kinder weinte, sich die Trauer aus der Kehle schrie und zu denen flehte, welchen er und sein Volk treu gedient hatten. Wo waren sie, die Viere? Vernahmen sie sein Leid denn nicht? Oder wollten sie es gar nicht hören? So musste es kommen wie es gekommen war… und die Nachricht des Falls Raziels rief die Inquisition, deren Truppen über Ersont und Malthust wie eine Plage nach Vandrien hereinbrachen. Der Krieg brannte das Land wie ein Sturm nieder, welcher auch aus dem Herzen erwuchs, weil die höheren Gesellschaftsschichten in den Städten sich gegen den Fürsten auflehnten, was als die große „turkanar“ bekannt wurde und zu dem noch heute andauernden Bürgerkrieg führte. Die vandrischen Krieger, welche treu dem Fürsten ergeben waren, waren allesamt Reiter. Sie waren nur leicht gerüstet, bewaffnet mit einer Lanze und trugen Schild und Langschwert auf dem Rücken und obwohl sie nur leicht gepanzert waren, leisteten die Heere Vandriens einen erbitterten Widerstand. Niemals wurde innerhalb dieser Heere Rückzug befohlen, auch wenn dies taktisch klüger gewesen wäre, doch war ein Rückzug unehrenhaft und feige wie auch der Fernkampf, auf welchen vandrische Krieger vollkommen verzichteten, aber unter den Pfeilen der Gegner den Tod fanden. Für einen vandrischen Krieger war ein ehrenhafter Tod wichtiger als der Sieg. Kämpfend, beißend, um sich schlagend unterzugehen war eine Tugend. Aufrecht für den Fürsten zu sterben, bedeutete alles und niemals sollte während des Krieges ein Streiter Raziels aus verlorenen Schlachten zurückkehren. Wie bewundernswert dieser Kampfgeist und die völlige Ergebenheit auch gewesen sein mögen… es gab zu wenige dieser vandrischen Krieger und auf Grund ihrer schlechten Rüstung unterlagen sie eine Schlacht nach der anderen. So schickte man im Norden des Fürstentums in Pas nach einem Schmieden, der das Bild des neuen vandrischen Kriegers gestalten sollte und man wurde fündig… in dem Mann Ares Blodh. Dieser war mittelgroß gewachsen, hatte dunkle Augen, die typisch bleiche Haut, ergrautes langes Haar und ein hager wirkendes Gesicht. Er war ein Schmied, der eher wie ein gebrechlicher, alter Bauer erschien, jedoch schien viel Kraft und Voraussicht in ihm verborgen, denn er wurde vom Fürsten selbst erwählt.

Tardukai

Der vandrische Krieger dieser finstren Tage verlangte nach einer Rüstung, die ihm und seinen Tugenden gebühre. Der Reiter sollte stark gepanzert sein, aber dennoch leicht genug, um auf Pferd genauso schlagkräftig zu sein wie zu Fuß. Die anweisenden Worte waren simpel und leicht umzusetzen und es waren auch die letzten des Fürsten ehe er den neuen Hofschmieden und wohl auch das Land, das der Fürst liebte und welches ihn ebenso liebte, verließ.
Pas – die letzte Stadt vor den Steppen im Norden wurde alsbald von dem Rauch der Schmelzöfen überdeckt, in denen das Eisen Wetekas in die gewünschte Form Blodhs gebracht wurde. Tag wie Nacht hallte das Schlagen der Schmiedehämmer unter Blodhs Führung, um das zu schaffen was den Fürsten zufrieden stellen würde. Und als die Inquisition sich bereits das Land einverleibte und die großen Städte unter ihrer Kontrolle hatte wurde ein letztes, großes Heer aus Kriegern aufgestellt, die mit den schönsten und besten Rüstungen, die jemals in Vandrien geschaffen wurden, gerüstet waren.
Der Brustpanzer wich der Beweglichkeit wegen einem Kettenpanzer, der mit den schweren Armschonern durch eiserne Schädel an den Schultern verbunden war. Die Namen der Krieger verzierten ihre nachtschwarzen Rüstungen sowie ihre persönlichen Leitsprüche. Ihre Helme waren nach hinten gebogen, an welche Flügel aus Eisen sich in die Höhe streckten wie düstere Engel, die ihre Flügel in Blut badeten. Nichts blieb von dem alten, rückständigen Bild des vandrischen Krieger zurück bis auf die traditionelle und strenge Wahl der Waffen.
Im „virk“ sollte es dann zu der letzten, größeren Schlacht kommen. Der Regen prasselte zu dieser Jahreszeit auf den gefrorenen, kargen Boden als zum letzen Male die Treusten der Treuen mit dem Banner Vandriens gegen das zahlenmäßig weit überlegene Heer der Invasoren zogen… „Livar i heder, makenar med modh“

Der Ausgang der Schlacht besteht nur noch in den Erinnerungen der Invasoren… kein Vandrier kam heim und das Donnern der Reiter verschwand vielleicht endgültig von den blutgetränkten Böden Vandriens… in welchen man an Orten vergangener Schlachten verblichene Panzerungen mit den Insignien finden kann: „Lebet in Ehre, kämpfet mit Mut“

Doch noch immer halten sich Gerüchte vom Fürsten Raziel, der entkommen sein soll und für die letzte Schlacht aller Schlachten Krieger um sich schart.“